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Sozialprojekt „Toiletten für alle“ – Stiftung Leben pur

21

Okt

2021
Baby trösten
Kathrin Schierl

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Interview mit Lisa Maier zum Projekt „Toiletten für alle“

Was ist das Projekt „Toiletten für alle“?

Das Projekt „Toiletten für alle“ der Stiftung Leben pur setzt sich für den (Um-)Bau von speziell ausgestatteten Sanitärräumen nach DIN 18040 ein, um damit die Teilhabe von Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Diese speziell ausgestatteten Sanitärräume nach DIN 18040 sind zusätzlich mit einem Personenlifter (Decken- oder Standlifter), einer höhenverstellbaren Pflegeliege mit abklappbarem Seitengitter sowie einem luftdicht verschließbaren Abfallbehälter ausgestattet und bieten bei einem ca. 12 m² großen Raum genügend Platz für den Wechsel von Inkontinenzeinlagen (siehe Beispielgrundriss).

Betroffene und deren Assistenz müssen oftmals unhygienische und entwürdigende Situationen in Kauf nehmen, wenn das Wechseln von Inkontinenzeinlagen auf den Böden öffentlicher (Sanitär-)Räume stattfinden muss

Alle „Toiletten für alle“, die nach unseren Qualitätsstandards erbaut bzw. eingerichtet werden, zeichnen wir mit unserem Qualitätssiegel aus. Mögliche Orte für eine „Toilette für alle“ können öffentlich zugänglich Gebäude und Einrichtungen, insbesondere Neubauten, wie beispielsweise Behörden, Rathäuser, Tourismuszentren, Veranstaltungs-, Begegnungs- und Freizeitzentren, Museen, Theater, Kinos, Vergnügungs- und Tierparks, Flughäfen, Sportstätten, Schwimmbäder, Stadt- und Einkaufszentren etc. sein. Alle bereits realisierten „Toiletten für alle“-Standorte in Deutschland sind auf unserer Webseite zu finden: https://www.toiletten-fuer-alle.de/wo-wie/nc.html

Neben den für eine „Toilette für alle“ geforderten Merkmalen empfiehlt sich die Ausstattung mit einem höhenverstellbaren Waschbecken, einem Dusch-WC mit 2 Toilettenpapierhalterungen, 2 Kleiderhaken (in 2 unterschiedlichen Größen), einem Paravent zur Wahrung der Intimsphäre und einem Deckenhaken über dem WC für individuelle Transferhilfen, wie z.B. eine Strickleiter. Dies ist aber keine Voraussetzung für die Bezeichnung „Toilette für alle“. Außerdem gibt es einen mobilen „Toiletten für alle“-Container, welcher für Firmenveranstaltungen, Stadt- und Straßenfeste, Festivals, Konzerte etc. gemietet werden kann und damit die Teilhabe von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen an Freiluftveranstaltungen ermöglicht.

 

Kurze Vorstellung zu Lisa Meier

Mein Name ist Lisa Meier und ich betreue seit März 2021 das Projekt „Toiletten für alle“ der Stiftung Leben pur. Dieses wurde zuletzt von Nadine Held koordiniert, die ich nun während ihrer Elternzeit vertrete. Seither versuche ich das Projekt „Toiletten für alle“ weiter voranzutreiben und bekannter zu machen, sodass noch viele weitere „Toiletten für alle“ in Deutschland entstehen. Zu meinem beruflichen Hintergrund: Ich habe ein Masterstudium in Kommunikationsmanagement absolviert und in der Vergangenheit schon in unterschiedlichem Kontext mit behinderten Menschen Kontakt gehabt, z.B. durch mein familiäres Umfeld sowie durch mein soziales Engagement im Senegal/Westafrika, wo ich mich seit 2014 u.a. für die Integration und Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen einsetze.

Toilette für alle im Erlebnis-Zoo Hannover

Warum gibt es hier noch keine flächendeckende Lösung und was heißt das für die Familien?

Öffentlich zugängliche Toiletten und Babywickeltische sind in unserer heutigen mobilen Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit und auch barrierefreie WC‘s gibt es heutzutage an vielen Orten in Deutschland. Doch für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen sowie alters- oder unfallbedingter Inkontinenz ist ein Behinderten-WC oft unzureichend. Daher müssen von den Betroffenen und deren Assistenz oftmals unhygienische und entwürdigende Situationen in Kauf genommen werden, wenn das Wechseln von Inkontinenzeinlagen auf den Böden öffentlicher (Sanitär-)Räume stattfinden muss. „Toiletten für alle“ sind die Lösung für diese menschenunwürdige und unhygienische
Situation! Für Familien bedeutet dies, dass sie sich deutlich länger auswärts aufhalten können, da sie ohne den Zugang zu einer „Toilette für alle“ nach ca. ein bis zwei Stunden wieder nach Hause zurückkehren müssen.

Wie kann man das Projekt als Einzelperson oder als Unternehmen unterstützen?

Das Projekt „Toiletten für alle“ können sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen zum einen finanziell, zum anderen als Multiplikator unterstützen. Eine Spende kann entweder direkt über uns oder über unseren Auftritt auf Spendenportal.de erfolgen: https://www.spendenportal.de/projekte/projekt/2048  Als operative Stiftung sind wir maßgeblich auf Spenden angewiesen, um die flächendeckende Verbreitung von „Toiletten für alle“ umzusetzen.
Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung ist das Engagement als Multiplikator. Damit ist die Bekanntmachung des Projekts, z.B. in den einzelnen Städten und Kommunen, gemeint. Gerne stellen wir hierzu Informationsmaterialien zu Verfügung und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Multiplikatoren können Interessierte Einrichtungen dabei für weitere Informationen immer an uns verweisen. Wir übernehmen dann die weitere Beratung und helfen gerne weiter!

Lisa, erzähle bitte etwas über dein Warum und was dir deine Arbeit gibt / von was bis du überzeugt?

Mir persönlich liegt das Projekt „Toiletten für alle“ sehr am Herzen, da ich mich aktiv dafür einsetzen möchte, die Lebensqualität und -bedingungen von Menschen mit Komplexen Behinderungen zu verbessern. Es ist mir wichtig, dass jeder Mensch in Würde leben kann sowie sich dort aufhalten kann, wo er gerne sein oder hinfahren möchte. Viele Menschen müssen ihren Bewegungsradius stark einschränken bzw. genau planen, da sie sich ohne „Toilette für alle“ nur sehr begrenzt außer Haus aufhalten können. Für diese Gleichstellung mit gesunden Menschen, die jede herkömmliche Toilette nutzen können, möchte ich mich weiterhin engagieren. Ich bin überzeugt, dass „Toiletten für alle“ für die Bedürfnisse von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen im sanitären Bereich die optimale Maßnahme ist, weshalb ich mich weiterhin für die Bekanntheit und Verbreitung dieses wertvollen Projekts einsetze.

Siegelübergabe Toilette für alle Pfaffenhofen a.d.Ilm

100. Toilette für alle in München-Riem

Siegelübergabe Toilette für alle Westbad Regensburg

 

Großes Dankeschön an viele helfende Hände

An dieser Stelle möchte ich mich beim Programm „Bayern barrierefrei“ des Sozialministeriums in Bayern bedanken. Seit 2016 unterstützt die Initiative das Projekt „Toiletten für alle“ und macht die Grundfinanzierung möglich. Daran schließt sich auch mein Dank an die Projektinitiatorin von „Toiletten für alle“ in Deutschland. Frau Dr. Nicola Maier-Michalitsch hat 2012 die Projektidee aus England mit nach Deutschland gebracht und maßgeblich etabliert. Seither trägt das Projekt „Toiletten für alle“ aktiv zur Integration von Menschen mit Inkontinenzproblemen sowie Komplexer Behinderung in unsere Gesellschaft bei. Die Anzahl der Nutzer einer „Toilette für alle“ werden im Hinblick auf den demografischen Wandel weiterhin steigen, da z. B. auch Menschen mit der höchsten Pflegestufe zur Zielgruppe von „Toiletten für alle“ gehören. Ebenso sind vor allem Menschen mit hoher Querschnittslähmung, Schädel-Hirn-Trauma, angeborener schwerer körperlicher und geistiger Behinderung, Multipler Sklerose sowie altersbedingter Pflegebedürftigkeit und Demenz auf die Bereitstellung einer „Toilette für alle“ angewiesen.